Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Arbeitszeiterfassung

04. September 2023
Tags:
  • Arbeitsrecht

(BMAS: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes und anderer Vorschriften vom 27.03.2023)

Ausgangspunkt

Das Arbeitszeitgesetz enthält Arbeitszeit-regelungen zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Bisher ist dort in § 16 Abs. 2 ArbZG geregelt, dass der Arbeitgeber nur die über die werktägliche – also über acht Stunden - hinausgehende Arbeitszeit erfassen muss. 2019 hat der EuGH entschieden, dass das nicht ausreicht: Der Arbeitgeber müsse „mit einem objektiven, verlässlichen, zugänglichen System“ die tägliche Arbeitszeit, nicht nur die Überstunden erfassen (EuGH, Entscheidung vom 14.05.2019, C-55-18). Im Anschluss entschied das BAG (Beschluss vom 13.09.2022, 1 ABR 22/21), dass die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Vorgaben durch die Arbeitgeber bereits jetzt erfolgen müsse (Wir haben dazu in unserem Newsletter 1/23 berichtet.)

Dennoch sollen die Vorgaben in das Arbeitszeitgesetz neu aufgenommen werden. Dazu liegt nun ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor.

Der Gesetzesentwurf

Der Entwurf des BMAS enthält folgende Hauptregelungen:

  • Die Arbeitszeiterfassung muss durch ein elektronisches System erfolgen. Für die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems werden dem Arbeitgeber Übergangsfristen gewährt
  • Der Arbeitgeber muss Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit erfassen.
  • Er muss zusätzlich den Ausgleich von Mehrarbeit und Ersatzruhetage für Sonn- und Feiertagsarbeit erfassen.
  • Die Zeiterfassung muss jeweils am Tag der Arbeitsleistung erfolgen
  • Der Arbeitgeber kann hiermit auch Dritte und auch die Beschäftigten selbst beauftragen, bleibt aber für die Einhaltung der Regelungen verantwortlich.
  • Wenn die Beschäftigten ihre Arbeitszeit selbst aufzeichnen, kann der Arbeitgeber auf die Kontrolle der Einhaltung der Regelung verzichten. Er muss dann aber durch andere geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass ihm Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zur Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden. So soll offenbar die Möglichkeit der Vertrauensarbeitszeit aufrecht erhalten bleiben.
  • Die Arbeitszeitaufzeichnungen muss der Arbeitgeber für die Dauer der Beschäftigung, maximal zwei Jahre, aufbewahren
  • Tarifvertraglich können bestimmte abweichende Regelungen getroffen werden.

Die Praxishinweise

  • Betriebsräte sollten darauf achten, wann und ggf. mit welchen Änderungen der Referentenentwurf als Gesetz in Kraft tritt. Arbeitgeber müssen zwar bereits jetzt die von EuGH und BAG gemachten Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung beachten, die meisten Arbeitgeber warten aber dennoch ab, welche konkreten Verpflichtungen sie durch die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes haben werden.
  • Der Betriebsrat hat bei der Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems und bei der Änderung bereits eingeführter Arbeitszeiterfassungssysteme ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

    Neben geänderter Regelungen zur Arbeitszeiterfassung sind ggf. auch Anpassungen der im Betrieb geltenden Arbeitszeitmodelle erforderlich. Gibt es etwa Vertrauensarbeitszeit, muss die Arbeitszeit zumindest durch die Beschäftigten selbst aufgezeichnet und „durch geeignete Mittel“ die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen gewährleistet werden. Der Betriebsrat hat hierbei ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG