Gesetzesänderung bei der Betriebsratsvergütung kurz vor Abschluss

04. März 2024
Tags:
  • Arbeitsrecht

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 27.11.2023, Bundestags-Drucksache 20/9469

Ausgangspunkt

Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern ist im BetrVG geregelt: Betriebsratsmitglieder sollen die Vergütung erhalten, die sie bekommen hätten, wenn sie nicht Betriebsratsmitglied wären. Sie sollen also weder weniger - § 37 Abs. 4 BetrVG – noch mehr - § 78 Satz 2 BetrVG - bekommen als ohne Betriebsratsmandat.

Die Ermittlung dieser „fiktiven“ Vergütungshöhe stößt insbesondere an ihre Grenzen, wenn es um die Vergütung langjähriger freigestellter Betriebsräte geht.

Die Rechtsprechung hat bestimmte Grundsätze für die Ermittlung der Betriebsratsvergütung festgelegt:

  • Es muss eine Vergleichsgruppe von Beschäftigten gefunden werden, an denen sich die Vergütung des Betriebsrats orientiert.
  • Vergleichbar ist, wer die im Wesentlichen gleiche Tätigkeit, Qualifikation, Alter und Beschäftigungsdauer wie das Betriebsratsmitglied hat; und zwar im Zeitpunkt der erstmaligen Mandatsübernahme
  • Die durch die Betriebsratsarbeit erlangten Kompetenzen, etwas Verhandlungsgeschick, dürfen dabei aber nicht berücksichtigt werden.

Wenn die Mehrheit der vergleichbaren Beschäftigten eine Erhöhung ihrer Vergütung erhält, erhält auch das Betriebsratsmitglied diese Erhöhung. Da es um eine hypothetische Betrachtungsweise geht, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, dass die „richtige“ Vergütung ermittelt wurde. Darum stritten Arbeitgeber und Betriebsratsmitglieder in der Vergangenheit zwar arbeitsrechtlich, strafrechtlich spielte eine falsch ermittelte Vergütung aber praktisch nie eine Rolle.

Dies änderte sich durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.1.2023 (6 StR 133/22). In dem dort entschiedenen Fall wurden bei VW mehrere Betriebsratsmitglieder, die ursprünglich mit „Facharbeiter“-Tätigkeiten betraut waren, als „Manager“ vergütet. Dies wurde mit den Kompetenzen begründet, die die Betroffenen durch ihre Betriebsratstätigkeit erworben hatten. Das Gericht entschied, dass sich die auf Arbeitgeberseite handelnden Personen wegen Veruntreuung strafbar gemacht hätten.

Seitdem haben Arbeitgeber häufig präventiv die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern gekürzt, weil eine zu hohe Vergütung zu einer Strafbarkeit führen kann, während eine zu niedrige Vergütung in der Praxis meist folgenlos bleibt.

Dies hat die Regierung zum Anlass genommen, die Regelung zur Betriebsratsvergütung in § 37 Abs. 4 BetrVG zu überarbeiten. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um eine Klarstellung der schon bisher geltenden Grundsätze. Ausdrücklich geregelt wird nun:

  • Bei der Bestimmung der Vergleichsgruppe ist grundsätzlich auf den Wahlzeitpunkt abzustellen
  • Wenn ein Betriebsratsmitglied die betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt, nach denen sich seine Vergütung richtet, ist dies weder eine Begünstigung noch eine Benachteiligung.

Neu ist aber Folgendes: Wenn eine Betriebsvereinbarung geschlossen wird, die die Vergleichsgruppe festlegt oder Kriterien zur Bildung der Vergleichsgruppe regelt, werden diese Kriterien nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft.

Die Praxishinweise

  • Es bietet sich deswegen an, mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über die Bildung von Vergleichsgruppen abzuschließen, da so eine größere Sicherheit besteht, dass die darauf basierende Betriebsratsvergütung von den Arbeitsgerichten akzeptiert wird. Zur besseren Durchsetzbarkeit kann geregelt werden, dass im Streitfall die Einigungsstelle abschließend entscheidend darf. Der Klageweg sollte aber für die einzelnen betroffenen Betriebsratsmitglieder nicht ausgeschlossen werden.